Millionenbetrag als Kultur-Investition in Willingshausen

2023-03-16 | Während in vielen Orten über einen schlechten baulichen Zustand der Schulen Klage geführt wird, in zahlreichen Innenstädten die Liegenschaften von Kaufhäusern und Ladengeschäfte leer stehen, Krankenhäuser aus Kostengründen geschlossen werden und Hunderttausende Wohnungen in Deutschland fehlen, wird in Willingshausen als Großgemeinde mit weniger als 5.000 Einwohnern damit begonnen eine kostenträchtige Investitionsmaßnahme baulich umzusetzen.

Seit vielen Jahren ist das Gerhardt-von-Reutern-Haus als Großprojekt in Willingshausen in Vorbereitung und Planung. Vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird eine Förderung in Höhe von 1,3 Millionen Euro gewährt. Mit dieser Förderung und einer Förderquote weit über 50 Prozent der Baukosten wird es der kleinen Kommune überhaupt möglich eine Investition in der Größenordnung von annähernd 2 Millionen Euro anzugehen.

Gerhardt-von-Reutern-Haus wird Sanierungsbaustelle. [M] Sternbald-Foto
Zu dem Projekt gibt es freilich sehr viele Unklarheiten. So war in der Lokalzeitung am 19. 01. 2023 unter der Überschrift „Kosten für Renovierung des Weltkulturhauses sind immer noch unklar“ nachzulesen, dass die Sanierung 1,9 Millionen Euro kosten soll. Das freilich ist eine Kostenschätzung „die konkreten Gesamtkosten des Bauprojekts können noch nicht benannt werden, … denn von 18 „Losen“ sind erst fünf vergeben“, berichtet die Schwälmer Allgemeine.

Ein Baubeginn mit der Vergabe von lediglich 5 Losen bei insgesamt zu vergebenen 18 Losen. Eine seriöse Vorbereitung und Bauplanung geht anders. Wem kämen dabei nicht die riesigen Überschreitungen der Baukosten bei öffentlichen Bauprojekten in den Sinn. Die Elbphilharmonie Hamburg, Der Flughafen Berlin-Brandenburg oder der Tiefbahnhof Stuttgart 21 sind dafür bekannte Beispiele.

Hofseite Gerhardt-von-Reutern-Haus mit halbleerem Bauschild. Rechts die Kunsthalle, links Anwesen Diehl und links hinten das zerfallende Fachwerkhaus Wasenberger Str. 4, im Eigentum der Familie Schwertzell. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

„Die Fördersumme steht der Gemeinde nur zu, wenn die Sanierung bis zum Jahresende abgeschlossen ist“ findet sich dann in dem Bericht mitgeteilt.

Offensichtlich hat man in Willingshausen ein ausgeprägt sonniges Gemüt hinsichtlich der Verfügbarkeit von Handwerkern. Allerorten ist bekannt, dass Handwerkerleistungen nur schwer und mit monatelangem Vorlauf zu bekommen sind. Erfahrungen hat man in Willingshausen sowieso keine mit der Abwicklung eines solchen Vorhabens, das als Großprojekt ein professionelles Bausstellenmanagement erforderlich macht. 

Das Bauschild vor der Fassade offenbart den Status von Auftragsvergaben an bislang wenige Handwerker und Fachbetriebe. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Wie sich dem Bauschild an der Fassade entnehmen lässt, ist dem planend tätig gewesenen Architekturbüro auch die Bauleitung übertragen worden. Dass seitens der verantwortlichen Bauleitung die Risiken ungeklärter Gesamtkosten eingegangen wurden, kann nicht den Eindruck erwecken, dass man dort weiß, was man tut.

Damit stellen sich zu der Kultur-Investition in Willingshausen viele Fragen. Die ungeklärten Baukosten, demnach nicht vorliegende Zahlen vorhergehender Ausschreibungen, die derzeit offene Auftragsvergabe, eine nicht existierende Bauzeitenplanung bei gleichzeitiger Vorgabe der Fertigstellung in 2023. Es würde an ein Wunder grenzen, wenn das Großprojket keinen Schiffbruch erleidet.

Dabei hat es an deutlichen Hinweisen und Warnungen nicht gefehlt. So war im Online-Magazin das Marburger. bereits Ende Dezember 2021 zu lesen: „Gerhardt-von-Reutern-Haus Willingshausen: Millioneninvestition mit klandestiner Planung“. Man wird sich in Willingshausen mithin nicht darauf herausreden können, es sei vorher nichts bekannt gewesen. —>Bericht das Marburger.